Eine spannende Diskussion, die da gerade um ein geplantes Gesetz in Frankreich entbrennt: Fotonachbearbeitung, durch die sich die Bildaussage verändert, müßte demnach bei Veröffentlichung des Fotos kenntlich gemacht werden – angeordnet per Gesetz. Naturgemäß machen sich Blogger in den USA bestenfalls lustig über diese „funny idea„, aus einem Vertipper entstand gar das neue Wort „Photostopping“.
Aber ganz so einfach scheint mir die Antwort dann doch nicht zu sein. Denn es geht hier ja um mehr also nur eine Einschränkung für die Kreativität von Fotografen und Designer. Ob man das Ganze allerdings gesetzlich regeln muss, ist eine ganz andere Frage. Um meine Meinung dazu vorweg zu nehmen: Völliger Unsinn. Sowas gehört nicht in ein Gesetz, sondern sollte unter seriösen Journalisten (und Bloggern) selbstverständlich sein.
Womit ich auch schon beim Punkt wäre: Es kommt doch sehr darauf an, in welchem Umfeld ich ein manipuliertes Foto einsetze. Werbeplakate, Fotoausstellung oder eben journalistische Berichterstattung. Sollte es nicht selbstverständlich sein, dass ich dem Leser, Zuschauer, User mitteile, wenn ich ein Originalbild manipuliert habe? Und ich meine nicht ein paar Farbfehler korrigiert, ein zu dunkles Bild aufgehellt, unscharfe Aufnahmen nachgeschärft. Ich rede von nachträglich herausgearbeitetem, roten Säufergesicht, die Haare grauer (oder weniger grau) erscheinen lassen als sie in Wirklichkeit sind, einen dicken Hintern schlanker machen, aber auch vermeintlich harmlose Veränderungen wie das Wegretuschieren störender Details. Wenn beim Staatsbesuch enie leere Coladose gleich neben dem roten Teppich lag, dan lag die da eben. Wegmachen verändert absichtlich die Realität und zerstört die Glaubwürdigkeit eines Mediums, wenn der Leser es entdeckt (vielleicht weil die Konkurrenz das gleiche Foto nicht manipuliert hat).
Wenn die Coladose die Bildkomposition stört – wem bricht ein Zacken aus der Krone, wenn er dem Betrachter des Bildes mitteilt, dass kleine Schönheitskorrekturen an dem Foto vorgenommen wurden. Warum würden wir das dem Leser denn verschweigen wollen? Vielleicht weil wir insgeheim spüren, dass er sich manipuliert fühlt und die Veränderungen nicht gut findet? Aber wenn wir kein schlechtes Gewissen haben, können wir die Manipulation doch ruhig offenlegen, oder?
Trotzallem dürfen wir aber eines nicht vergessen: Bildmanipulationen gab es auch schon vor Photoshop. Und dazu muss man noch nicht einmal das Bild selbst nachträglich verändern. Schon unterschiedliche Perspektiven geben völlig unterschiedliche Bildaussagen – Person von schräg untern fotografiert: bedrohlich; von oben herab: klein, ängstlich; von der Seite im harten Gegenlicht läßt Hautfalten deutlich hervortreten, macht Personen älter; softes Licht mit unscharfem Hintergrund kann Frauen dreimal so liebenswert erscheinen, als sie vielleicht sind.
Was ist also der Punkt? Es ist die Verantwortung des Journalisten und Bloggers, die Realität so echt wie möglich darzustellen. Nicht absichtlich zu manipulieren. Soweit das im Rahmen der allgegenwärtigen Subjektivität aller Dinge denn möglich ist. Absichtliches Beschönigen oder Verschlechtern ist unmoralisch und unseriös. Ein Journalist oder Blogger, der’s trotzdem tut, sollte nochmal nachdenken, ob er den richtigen Beruf hat.
Sanddorn
on Sep 26th, 2009
@ 19:05:
Bildkennzeichnung ist ja nun nichts neues. Das ist einer der Punkte der mir bei Der Zeit gefällt. Dafür reichen aber auch freiwillige Vereinbarungen wie z.B. das „Memorandum zur Kennzeichnungspflicht manipulierter Fotos“.
Wenn schon ein Gesetz, dann eines gegen die nachträgliche Manipulation von Fotos für Wahlplakate. Gerade die CDU Sachsen scheint eine Vertrag mit dem SUPERillu Grafiker zu haben.